HowToMultimediaguide IV: Die Sache mit dem Storytelling

Ich erzähle euch eine Geschichte

Im Kontext des Marketings wird Storytelling oft anhand folgender Charaktereigenschaften definiert: Es wird eine Geschichte anhand einer Protagonistin bzw. eines Protagonisten erzählt, wobei ein anfangs auftauchender Konflikt gelöst wird. Das klingt erstmal nach einer stark verkürzten Version der aristotelischen Dramentheorie (wobei das Ende natürlich stehts ein Positives sein sollte, am Ende geht es ja um Werbung) und nicht nach der Neuerfindung des Rades; und trotzdem ist Storytelling in aller Munde. Woran mag das liegen?

Im Werbekontext wird vielfach auch betont, dass die Geschichten nicht über eine Marke erzählt werden sollen, sondern um eine Marke herum, sich sozusagen in ihrem Kontext ansiedeln sollen und von da aus positiv auf die Marke zurück wirken sollen. Aus diesem Merksatz lässt sich ein sehr wichtiger Punkt ableiten: Eine Geschichte ist nicht immer nur eine einzelne Episode, sie hat auch immer einen Kontext. Und um Storytelling zu betreiben, muss dieser Kontext im Blick behalten werden, das eigentliche Grundgerüst der Geschichte sein, sonst verpufft das Erzählte im luftleeren Raum.

Wie erzähle ich Inhalte in einem Multimediaguide?

Im letzten Post der Serie HowToMultimediaguide war ich bereits auf die Frage nach der Auswahl von Inhalten eingegangen. Dabei stellte ich auch dar, wie die Objekte, die in diesem Guide behandelt werden sollten, ausgewählt wurden, sowie wie das inhaltliche Konzept entworfen wurde. Diese Überlegungen sind ein Teil des im vorigen Abschnitt erwähnten Kontexts. Dieser ist jedoch dadurch nicht gänzlich gefüllt, zum allergrößten Teil besteht er aus der Umgebung, in der der Guide zum Einsatz kommt, sprich dem realen Ausstellungsort, dem Museumsraum selbst. in diese Geschichte muss sich der Guide, müssen sich seine Inhalte einfügen lassen. Das dort Vorfindbare soll nicht bloß digital dupliziert werden, im Guide soll die Geschichte anders erzählt werden, vielleicht vertieft werden, oder in ein anderes Licht gerückt werden. All das soll auf eine Art geschehen, die den Besuchenden ermöglicht, den musealen Raum digital zwar zu verlassen, aber tatsächlich dabei im ‘echten’ Gebäude zu verbleiben. Der Guide soll nicht zum ‘Durchkonsumieren’ auf einem bequemen Sitzplatz einladen, sondern viel mehr dazu animieren, den realen Ort weiter erkunden zu wollen, und ihn und die dort auffindbaren Objekte nochmal mit anderen Augen wahrzunehmen.

Folgende Maßnahmen sollten in meinem Guide nun dazu führen, dass ein solches Erleben möglich ist:

  • Die Inhalte werden in kleinen Häppchen serviert
    Die Information, die zur Verfügung gestellt wird, soll in 2-3 Minuten pro Objekt konsumierbar sein. Dabei gibt es keine automatische Fortsetzung beim nächsten verfügbaren Inhalt. Nach der bewussten Entscheidung, an Punkt A zu Objekt X einen Inhalt aufzurufen, bekommt man diesen präsentiert. danach kann im Raum, beim Objekt verweilt werden, der Kontext aufgenommen werden, und danach zum nächsten Punkt, zum nächsten Objekt weitergegangen werden.

 

  • Es gibt zwischen den Inhalten Verknüpfungen, die außerhalb des Guides nicht explizit erzählt werden
    Dadurch wird der Guide zu einer eigenen Erzählung, mit eigenen Verknüpfungen. Dadurch, dass die Inhalte nicht alle abgerufen werden müssen, werden daraus sogar eine vielzahl an Erzählungen, jede_r Besuchende erhält eine individuelle, den eigenen Interessen angepasste Geschichte. Die Verknüpfungen untereinander und die Anknüpfungen an die Räume und Objekte lassen diese aber nicht beliebig werden.

 

  • Welche mediale Form verwendet wird, wird individuell für jedes Objekt, jeden Inhalt entschieden
    Der Guide folgt keinem Schema F, in das jeder Inhalt gepresst wird. Es gibt keine vorgegebene Form, etwa dass eine Audiospur zur Verfügung steht und eine (Detail)fotografie des besprochenen Objekts, sondern es wird je nach Inhalt zunächst entscheiden, welche Kategorie an Form angemessen ist (Audio, Video, Foto oder interaktives Element). Die Art, wie der Inhalt dann innerhab der Kategorie gestaltet wird ist dann auch wieder individuell: So kann ein Video etwa eine Videoaufnahme aus der Außenwelt sein, Es kann Ausschnitte eines Interviews mit einem Experten zeigen, oder historische Bildaufnahmen neu kombinieren. Am Ende soll dadurch eine Geschichte erzählt werden, nicht aufgezeigt werden, was medial alles an tollen Spielereien möglich ist.

 

  • Nicht nur Texte können erzählen, auch ein Bild kann sprechen
    Die erzählerischen Möglichkeiten sind, gerade im Hinblick auf die digitale Multimedialität, vielfältig: Die Informationen, die ein Inhalt enthält, müssen nicht alle auf der textlichen Ebene bzw. der Audiospur zu finden sein – Ein Zoom auf ein Detail offenbart ebenso Neues wie auch ein interaktives Element, bei dem Grafiken in eine logische Reihenfolge gebracht werden müssen. Multimediales Erzählen hat viele Möglichkeiten, so dass es vielschichtig und vielfältig stattfinden kann. Auch wenn ich beim vorherigen Punkt kritisch anmerkte, dass diese Möglichkeiten nicht bloße Spielerei sein sollten, so ist ein spielerischer Umgang damit wünschens- und erstrebenswert.

 

Und das ist nun das sagenumwobene Storytelling?

Mit Modebegriffen ist es immer so eine Sache – Und doch sollte die Verwendung des Begriffs in diesem Artikel nicht nur aus dieser Mode heraus begründet sein, der Text nicht als Clickbait fungieren; Gerade im Kontext der Vermittlung von Inhaltlichem kann man schnell den Fokus verlieren. Verklausulierte Texte, gespickt mit Fachvokabular sind leider bei Museumsbesuchen keine Seltenheit. Mittels Storytelling können Inhalte ansprechend aufbereitet werden, was jedoch nicht heißen soll, dass sie nur mehr simpel sind oder fachlichen Ansprüchen nicht mehr gerecht werden sollen. Der Fokus liegt aber im Storytelling auf dem Erzählen einer Geschichte –Und das soll nun auch nicht als billige Übersetzung eines Begriffs verstanden werden, sondern zwei überaus wichtige Aspekte von (Wissens)vermittlung in das Rampenlicht rücken, das ihnen auch zusteht. Dass das gar nicht immer so einfach ist und welche Fallstricke dabei auftreten können, wird in den weiteren Artikeln dieser Serie immer wieder Thema sein, etwa wenn es darum gehen wird, Konzepte zur Produktion von Videos, sogenannte Treatments, zu erstellen und dabei auch Texte, die eingesprochen werden sollen, zu schreiben.

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